Mittlerweile ist es nichts Ungewöhnliches mehr, dass Paare Kinder aus vorherigen Beziehungen mitbringen. Aber wusstest du, dass das Erbrecht in Deutschland immer noch an der „klassischen“ Familie ausgerichtet ist? Das kann bei einer Patchworkfamilie zu Problemen führen, weil die Erbfolge dann nicht immer so geregelt ist, wie der Verstorbene es sich gewünscht hätte.
Gesetzeslage unpassend für Patchworkfamilien
Grundsätzlich gilt, dass nur verheiratete Eheleute, gleichgeschlechtliche eingetragene Lebenspartner und deren leibliche oder adoptierte Kinder ein Anrecht auf das Erbe haben. Nicht verheiratete oder nicht eingetragene Partner und Stiefkinder gehen leer aus. Wenn zum Beispiel ein Elternteil 200.000 Euro vererbt, bekommen der überlebende Ehegatte und das leibliche Kind jeweils 100.000 Euro, während die Stiefkinder das Nachsehen haben. War der Verstorbene statt mit dem aktuellen noch mit einem früheren Partner verheiratet und wurde diese Ehe nicht geschieden, erbt neben dem leiblichen Kind sogar noch dieser Ehegatte, nicht aber der neue Partner.
Kinder als Schlusserben eintragen lassen
Zum Glück gibt es auch Lösungen für diese Probleme. Wenn ein Ehepaar eigene und Stiefkinder gleichstellen will, kann es sich in einem gemeinschaftlichen Testament gegenseitig als Alleinerben einsetzen und alle Kinder zu gleichen Teilen als Schlusserben bestimmen. Eine ergänzende Pflichtteilverzichtserklärung der Kinder sorgt zudem dafür, dass ein verwitweter Partner nicht in finanzielle Schwierigkeiten gerät. Dieses sogenannte Berliner Testament steht allerdings nur Ehepartnern oder eingetragenen Lebenspartnern offen. Wenn das nicht zutrifft, kann mit Einzeltestamenten oder einem notariellen Erbvertrag vorgesorgt werden. Stiefkinder können mittels Adoption leiblichen Kindern beim Erbe gleichgestellt werden.
Ehepartner als Vorerben einsetzen
Wenn man im Todesfall den neuen Partner absichern möchte, die Stiefkinder aber nicht berücksichtigen will, kann man eine Vor- und Nacherbschaft einrichten. Dabei setzen sich beide Partner gegenseitig als Vorerben ein und die eigenen Kinder zu Nacherben. Stirbt einer der Ehepartner, wird der andere zum Vorerben und erbt ein sogenanntes Sondervermögen. Das bleibt dann bis zum Tod des zweiten Gatten von dessen eigenem Vermögen getrennt und fällt danach an die leiblichen Kinder des Erstverstorbenen als Nacherben. Auch hier ist ein Verzicht auf den Pflichtteilsanspruch empfehlenswert. Alternativ können Eltern auch das eigene Kind zum Vollerben bestellen und dem verbleibenden Partner im Falle eines Hausbesitzes ein Nießbrauchsrecht, ein Wohnrecht oder weiteres Geldvermögen durch ein Vermächtnis zuwenden.
Patchworkfamilien haben also verschiedene Möglichkeiten, um die Erbfolge selbst zu bestimmen. Es ist jedoch wichtig, die gesetzlichen Regelungen zu kennen und alle Optionen genau zu prüfen, bevor man eine Entscheidung trifft. Die Notarin oder der Notar des Vertrauens sind die verlässlichen und kompetenten Ansprechpartner zu allen Frage rund um das Erbrecht.
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