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Kein Fall gleicht dem anderen

Notarin Leonie Meyer-Schwickerath
Fotonachweis: Privat

Sie sind schon seit einigen Jahren Notarin. Warum haben Sie damals diesen Beruf ergriffen?

Der Notarberuf war durch das Beispiel meiner Kollegen in der Sozietät immer schon als sehr erfüllender und interessanter Beruf in mein Bewusstsein gerückt worden. Mir hat besonders die Tatsache gefallen, dass Notare als Organe der vorbeugenden Rechtspflege aktiv an der Gestaltung und Errichtung von Urkunden gemeinsam mit den Beteiligten mitwirken, die Beweiskraft gegenüber Gerichten haben und der späteren Streitvermeidung dienen.

Was gefällt Ihnen an Ihrem Beruf besonders gut?

Gerade bei der Testamentsgestaltung ist es ganz wichtig, mit den Beteiligten zu sprechen. Hier gilt es genau die persönlichen Verhältnisse herauszuarbeiten, um einen Vorschlag machen zu können, der den Interessen der Erblasser entspricht. Zum Beispiel, wenn ein Kind eine lebenslange Unterstützung benötigt, muss dies bei der Testamentsgestaltung berücksichtigt werden. Der Beruf ist dadurch sehr menschenbezogen. Der Begriff „Willensforscher“ ist da sicherlich eine gute Zusammenfassung des Berufs.

Wie sind Sie Notarin geworden und welche Schritte müssen dafür durchlaufen werden?

Ich bin in Münster im Bereich des Anwaltsnotariats zur Notarin bestellt worden. In Deutschland gibt es zwei Notariatsformen, einmal das Notariat und zum anderen das Anwaltsnotariat. Ich habe daher die geltenden besonderen Voraussetzungen für das Anwaltsnotariat erfüllen müssen.

Im Bereich des Anwaltsnotariats gehört neben den allgemeinen Zulassungsvoraussetzungen seit dem Jahr 2011 insbesondere die notarielle Fachprüfung zu den besonderen Zulassungsvoraussetzungen für die Bestellung zur Anwaltsnotarin bzw. zum Anwaltsnotar.

Als allgemeine Zulassungsvoraussetzung sieht die Bundesnotarordnung (BnotO) in § 5 Abs. 5 BNotO die Befähigung zum Richteramt (erste und zweite juristische Staatsprüfung), in § 5 Abs. 1 BNotO die persönliche und fachliche Eignung (u. a. unabhängig, redlich, gewissenhaft, fähig zur Betreuung auf dem Gebiet der vorsorgenden Rechtspflege) und in § 6 Abs. 4 BNotO die Einhaltung der Altersgrenze (Bewerber/innen können nicht erstmals zum Notar bestellt werden, wenn sie bei Ablauf der Bewerbungsfrist das sechzigste Lebensjahr vollendet haben) vor. Die BNotO beinhaltet zudem weitere besondere Zulassungsvoraussetzungen für das Anwaltsnotariat, die in § 5b Abs. 2 geregelt sind.
 
Zum einen ist eine allgemeine und örtliche Erfahrungszeit vorgesehen. Die Bewerberin bzw. der Bewerber muss bei Ablauf der Bewerbungsfrist nachweisen, dass sie oder er in nicht unerheblichem Umfang mindestens 5 Jahre für verschiedene Auftraggeber als Rechtsanwältin/Rechtsanwalt tätig gewesen ist. Zudem muss sie oder er mindestens 3 Jahre ohne Unterbrechung in dem in Aussicht genommenen Amtsgerichtsbezirk tätig gewesen sein.  

Sodann muss die Bewerberin bzw. der Bewerber die notarielle Fachprüfung bestanden haben und ab deren Bestehen jährlich in einem bestimmten Umfang Fortbildungsveranstaltungen nachweisen können. Ab Ernennung zur Notarin/zum Notar ist die Teilnahme an Fortbildungen im Rahmen der Amtspflichten freiwillig.
Schließlich sind von der Bewerberin bzw. dem Bewerber noch bis zu 160 Stunden an Praxisausbildung bei einem Notar nachzuweisen.

Hierfür muss ein Antrag auf Zuweisung eines Notars gestellt werden, der die praktische Ausbildung vornimmt. Diese kann auch unter bestimmten Voraussetzungen verkürzt werden.
Der schwierigste Teil ist sicherlich die notarielle Fachprüfung, die dem Nachweis der fachlichen Qualifikation dient und neben der Note im zweiten juristischen Staatsexamen mit 60 % gewertet wird und damit für die Auswahl unter mehreren Bewerbern relevant ist.

Die Prüfung, das sogenannte Notarexamen – unter Juristen auch als drittes Staatsexamen betitelt -, besteht aus einem schriftlichen Prüfungsteil, in dem vier jeweils 5-stündige Klausuren geschrieben werden. Anschließend erfolgt der mündliche Prüfungsteil, welcher einen 12-minütigen Vortrag zu einer notariellen Aufgabenstellung und Problemlösung und ein (Gruppen)Prüfungsgespräch von gut einer Stunde je Teilnehmer umfasst.

Der im Rahmen der notariellen Fachprüfung abgefragte Prüfungsstoff umfasst die für die notarielle Amtstätigkeit bedeutsamen Rechtsgebiete, also u.a. das Bürgerliche Recht mit Nebengesetzen (insbesondere Wohnungseigentumsgesetz und Erbbaurechtsgesetz), Erbrecht, Gesellschaftsrecht, Handelsrecht, Beurkundungsrecht, Grundbuchrecht, notarielles Berufsrecht und Kostenrecht. Die Einzelheiten der notariellen Fachprüfung können auf der Internetseite des Prüfungsamtes für die notarielle Fachprüfung abgerufen werden.

Nachdem ich die notarielle Fachprüfung erfolgreich bestanden hatte, habe ich die Praxisstunden bei einem Notar in meinem Amtsbezirk absolviert und mich dann für das Notarsamt mit dem Amtssitz in Münster beworben.

Können Sie beschreiben, wie ein typischer Tag in Ihrem Beruf aussieht?

Zu Beginn des Tages sehe ich immer zunächst meine E-Mails und die Korrespondenz durch, um auf etwaige dringende Anfragen kurzfristig reagieren zu können. Dann habe ich meistens Termine, darunter notarielle Beratungsgespräche, Beurkundungen oder Unterschriftsbeglaubigungen. Häufig geht es bei den Beurkundungen um Grundstückskaufverträge oder erbrechtliche Testamentsgestaltungen. Die Dauer der Beurkundung variiert abhängig von den Inhalten, da ich die Niederschrift im Rahmen der Beurkundung allen Beteiligten vorlese.

In den Zeiten zwischen den Terminen bearbeite ich die Notarakten und fertige Urkundenentwürfe an, die ich den Beteiligten mit entsprechenden Anmerkungen und rechtlichen Ausführungen zukommen lasse, stelle Anträge, etwa beim Grundbuchamt oder Gerichten, und verschicke Anmeldungen in elektronischer Form an die Registergerichte.

Regelmäßig müssen auch beglaubigte Abschriften von Urkunden erstellt werden. Diese Urkunden werden durch Notarfachkräfte in meinem Büro genäht, mit einem Band aus den Farben des entsprechenden Bundeslandes versehen und mit meinem persönlichen Siegel gesiegelt, bevor sie an die Urkundsbeteiligten versandt werden.

Häufig führe ich auch mit den Beteiligten Telefonate, um etwaige Nachfragen im Rahmen eines persönlichen Gesprächs zu erörtern.

Was sind die Inhalte der notariellen Beratungsgespräche?

Die Mandanten haben bestimmte eigene Vorstellungen und möchten beispielweise ein Grundstück mit Haus auf die Kinder übertragen. Im Gespräch stellt sich aber dann heraus, dass noch andere Dinge zu regeln sind oder Vorstellungen aus rechtlichen Gründen nicht so umgesetzt werden können, wie die Beteiligten es sich wünschen. Oft stellt sich erst im Gespräch heraus, welche Voraussetzungen bestehen und wie die Lösung anschließend gestaltet werden kann.

Was macht Ihnen an Ihrem Beruf am meisten Spaß?

Am meisten macht mir die Vielfalt des Berufsalltags und der persönliche Umgang mit den Mandanten Spaß, deren Anliegen ich gerne mit ihnen erörtere und durch Erstellung von Urkundsentwürfen und der anschließenden Beurkundung begleite. Spannend ist, dass hier kein Fall dem anderen gleicht. Ich freue mich jedes Mal, wenn ich zur Zufriedenheit aller etwas gestalten konnte.

Als Notarin habe ich ein öffentliches Amt inne und bin zur Unabhängigkeit und Unparteilichkeit verpflichtet. Ich bin verpflichtet, alle Beteiligten gleichermaßen zu betreuen und juristisch zu beraten, damit ich ihren Willen möglichst umfassend im Rahmen der Urkundsgestaltung berücksichtigen kann.

Außerdem muss ich freiberuflich tätig sein, was meinen Beruf zu einem sehr selbstständigen Beruf macht.  Dass die Dienstaufsicht meine Tätigkeit inhaltlich und meine erteilten Honorarnoten in bestimmten zeitlichen Abständen überprüft, ist vom Gesetz vorgegeben und stört mich auch nicht. Es freut mich vielmehr besonders, wenn nichts zu beanstanden war.

Gibt es einen Moment in Ihrer bisherigen Berufslaufbahn, der Ihnen als besonders lustig in Erinnerung geblieben ist?

Eine Mandantin hat mich nach einer besonders langen Beurkundung einmal gefragt, ob ich abends überhaupt noch meinen Kindern vorlesen mag.

Das Vorlesen ist auf Dauer vermutlich sehr anstrengend. Trainieren Sie Ihre Stimme?

Ich habe immer ein Glas Wasser bei mir stehen – natürlich werden auch die Urkundsteilnehmer mit Getränken versorgt -, um den Frosch im Hals zu unterdrücken. Ich halte mich immer dazu an, möglichst langsam und verständlich vorzulesen, damit meine Mandanten auch verstehen, was ich da gerade vortrage, denn darum geht es.

Ich achte auch immer darauf, ob Nachfragen entstehen. Die Beteiligten erhalten auch Lesekopien, soweit sie die ihnen übermittelten Entwürfe nicht mitbringen, um besser dem Juristendeutsch folgen zu können.

Worin sehen Sie die Vorteile des Notarberufs?

Der Notar kann in enger Zusammenarbeit mit den Beteiligten deren Willen erforschen und diesen in seinen Entwürfen und Vorschlägen aufnehmen. Das ist eine sehr schöne Aufgabe. Als neutrales Organ ist er zur strikten Unparteilichkeit und Neutralität verpflichtet.

Die so mit allen Beteiligten abgestimmten Verträge und anderen Erklärungen ermöglichen einen objektiven Zugang und dienen dem Zweck, dass es zwischen den Beteiligten nicht zu späteren Auseinandersetzungen kommt und Rechtsstreitigkeiten vermieden werden können.

Die Hauptaufgabe des Notars liegt in der Beurkundung von geplanten Rechtsgeschäften, so dass seine berufliche Tätigkeit grundsätzlich auch gut in einen geregelten Alltag integriert werden kann. 

Was raten Sie jungen Menschen, die überlegen den Beruf des Notars anzustreben?

Lassen Sie sich nicht entmutigen. Vor allem im Bereich des Anwaltsnotariats erscheint die notarielle Fachprüfung oft als Hindernis. Bei der Vorbereitung bekommt man jedoch Hilfestellung durch notarielle Vorbereitungskurse. Der Einsatz lohnt sich auf jeden Fall!

Was denken Sie, welche Stärken und Fähigkeiten als Notarin von Vorteil sind?

Gewissenhaftigkeit, Genauigkeit, Objektivität, Unabhängigkeit und Überzeugungskraft. Insbesondere ist aber auch die Fähigkeit wichtig, sich schnell in mitunter auch komplexe Sachverhalte einzuarbeiten und sie juristisch umzusetzen.

Können Sie Ihren Beruf in einem Satz zusammenfassen?

Der Notarberuf ist für mich einer der interessantesten und erfüllendsten Berufe der Welt.

Können Sie drei Merkmale nennen, die auf den Beruf des Notars zutreffen?

Für mich sind die Merkmale sachlich und persönlich unabhängig, Menschen zugewandt, vertrauenswürdig.

„Zukunft rechtssicher gestalten, auch im digitalen Zeitalter, ist meine Leidenschaft.“
 
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