Der Prüfungsstress ist ein altbekannter Begleiter für Studierende und Auszubildende. Der Puls rast, die Hände werden feucht und im Kopf schwirren tausend Gedanken, doch was kann man dagegen machen? Charlotte Ameling hat diesen Weg gemeistert und ist heute erfolgreich als Referentin bei der Westfälischen Notarkammer tätig. Während ihres Jurastudiums musste sie nicht nur viele Klausuren schreiben, sondern auch zwei Staatsexamen ablegen. Und dann waren da noch die mündlichen Prüfungen. Im Interview erzählt Charlotte Ameling von ihren Strategien im Umgang mit Prüfungsstress und ihrem Weg zur Volljuristin.
Als Referentin bei einer Notarkammer haben Sie wahrscheinlich viel Erfahrung mit Prüfungen. Welche Tipps würden Sie jemandem geben, der sich auf eine Prüfung vorbereitet?
Ich würde jedem empfehlen, unabhängig davon, für was man lernt, frühzeitig mit der Prüfungsvorbereitung zu beginnen, um Zeitpuffer zu haben. In kürzester Zeit sich den ganzen Stoff aneignen zu wollen, wird nicht funktionieren. Der gelernte Stoff bleibt sonst nur im Kurzzeitgedächtnis und nicht wie gewollt im langfristig verankert. Bei der Vorbereitung sollte man sich Schwerpunkte setzen, denn ob man will oder nicht, man kann nicht auf jede Situation vorbereitet sein. Aber mit einem starken Grundgerüst kann man besser auf Unvorhergesehenes reagieren. Falls man schon vorher Prüfungen oder Klausuren in dem Bereich geschrieben hat, sollte man auf jeden Fall die Erfahrung mitnehmen und gucken, wo Schwachpunkte waren.
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Welche Strategien empfehlen Sie, um effektiv zu lernen?
Es gibt kein allgemeingültiges Patentrezept. Jeder muss selbst ausprobieren und sehen, was wirklich hilft und effektiv ist. Mir hat es zum Beispiel geholfen, eine Vielzahl von Probeklausuren zu schreiben. Diese Übung half mir nicht nur beim Lernen des Stoffes, sondern auch beim Verbessern meines Zeitmanagements. Letztendlich ist es wichtig, die Methoden zu finden, die für einen selbst am besten funktionieren; dann kann man den Prüfungsstress leicht überwinden.
Sie erwähnten Probeklausuren als hilfreiches Lernmittel. Können Sie uns mehr darüber erzählen, wie und wo man solche Übungsklausuren finden und bearbeiten kann?
Vor den Staatsexamen oder Klausuren, die sehr wichtig sind, ist es im Jurastudium sehr verbreitet, noch ein Repetitorium zu belegen. Wenn man sich in einem Fach noch zu unsicher ist, kann man dort hingehen, und der Stoff wird wiederholt. Während des Referendariats kann man auch viele Probeklausuren schreiben. Man kann auch sein Prüfungsamt darum bitten, seine Altklausuren anzusehen. Dort kann man dann ziemlich schnell sehen, wo man selbst noch Lücken hat oder was man hätte besser machen können. Generell ist es wichtig, eine gewisse Ehrlichkeit mit sich selbst zu haben, denn man sollte diese Probeklausuren so gut wie möglich unter den Examensbedingungen schreiben. Das bedeutet, sich ein Zeitlimit zu setzen und nur die Hilfsmittel zu nutzen, die im Examen zur Verfügung stehen werden.
Im zweiten Staatsexamen ist eine der größten Herausforderungen das Rennen gegen die Zeit. Beispielsweise kann man bei den Probeklausuren üben, Toilettengänge einzuplanen, denn im Examen wird die Zeit dafür nicht angehalten. Ein weiterer Tipp wäre, eine Prüfungssimulation nicht zuhause zu schreiben, sondern an einem anderen Ort wie einer Bibliothek. Dann wird man mit dem Gefühl vertraut, dass man vor der Klausur eine Anfahrt hat. Ein weiterer Vorteil ist, dass weniger Ablenkungen als zuhause drohen.
Welche Rolle spielt das psychische Wohlbefinden bei der Bewältigung von Prüfungsstress? Welche Techniken können helfen, stressfrei zu bleiben?
In der Prüfungsphase bin ich gut damit gefahren, den Stress drumherum zu reduzieren. Damit meine ich, sich vorab Gedanken zu machen, was man alles für die Klausur braucht und wie man pünktlich dorthin kommt. Für das Staatsexamen müssen frühzeitig Kommentare gemietet oder gekauft werden. Ein weiterer wichtiger Punkt ist, dass nicht jede Klausur oder jedes Staatsexamen an dem Studienort geschrieben wird. Hier kommt es darauf an, sich um die Anreise und ggf. um eine Übernachtungsmöglichkeit zu kümmern. Falls man die finanzielle Möglichkeit hat, würde ich empfehlen ein Hotel zu buchen, denn dann ist man nicht auf die Bahn angewiesen oder steht mit dem Auto im Stau.
Glücklicherweise blieb mir übermäßiger Prüfungsstress erspart. Mein Examensmarathon erstreckte sich über zwei intensive Wochen mit acht Klausurterminen, unterbrochen von wohlverdienten Pausen. An dieser Stelle möchte ich jeden eindringlich ermutigen, diese freien Tage bewusst zur Erholung zu nutzen. Für mich waren diese Atempausen unschätzbar wertvoll, um neue Kraft zu schöpfen und mental aufzutanken.
Jeder sollte seinen eigenen Weg finden, um abzuschalten und sich zu regenerieren. Es ist essenziell, auf die eigenen Bedürfnisse zu hören, denn ich weiß aus erster Hand, welch immense Kraftanstrengung diese Examen darstellen können. Die Fähigkeit, zwischen den Prüfungsphasen effektiv zu entspannen, kann den entscheidenden Unterschied ausmachen.
Wie können Sie Ihre Zeit effizient nutzen, um sich auf Prüfungen vorzubereiten, besonders wenn sie auch berufstätig sind?
Das juristische Referendariat ist die praktische Ausbildungsphase nach dem Jurastudium und vor dem zweiten Staatsexamen. Während dieser Zeit kennen viele Absolventen den Begriff des „Tauchens“. Dabei reduziert der Referendar seine Anwesenheit in den Ausbildungsstationen, um sich intensiv auf das Examen vorzubereiten. Diese Praxis wird jedoch nicht von allen Ausbildungsbehörden gestattet. Es ist daher unbedingt ratsam, die Möglichkeit des Tauchens vorher mit dem zuständigen Ausbilder zu besprechen.
Für die Examensvorbereitung sind neben der theoretischen Wiederholung auch praktische Tipps sehr wertvoll. Ich hatte das Glück, mit einer jungen Rechtsanwältin zusammenzuarbeiten, die mir hilfreiche Ratschläge für die Praxis geben konnte.